Ein Bericht der 5. Tour in die Ukraine

10 km langer Stau an der Grenze

Nachdem ich bei den ersten drei Touren nach Polen mit dabei war, aber bei der letzten Tour nicht dabei sein konnte, war ich dieses Mal wieder Teil des Teams - für mich zum ersten Mal direkt in die Ukraine. Mit gemischten Gefühlen...

Es war gar nicht sicher, ob ich als Fahrer benötigt werde, da schon zwei Fahrzeuge inkl. Fahrer organisiert waren. Bei meinem letzten Tag im Lager am Montag waren die Sachspenden noch überschaubar und es sah nicht danach aus, als ob noch ein drittes Fahrzeug benötigt würde.

Das änderte sich aber recht schnell, und am Mittwoch Abend war klar, das wir auf jeden Fall mit drei Fahrzeugen fahren werden. Daher an dieser Stelle noch mal einen großen Dank an alle SpenderInnen!

Beim Packen am Donnerstag, den 19. Mai, mussten wir sogar feststellen, dass wir nicht alles mitnehmen konnten, weil auch die drei Fahrzeuge recht schnell gefüllt waren und die maximale Zuladung erreicht wurde. Die restlichen Hilfsgüter werden wir beim nächsten Mal mitnehmen!

Pünktlich um 20:00 Uhr ging es dann los. Noch einmal volltanken und dann machten wir uns mit drei Transportern (Danke an dieser Stelle an Hirschau & WirWerk für die Fahrzeuge) und sechs FahrerInnen auf den Weg zur ukrainischen Grenze: Ca. 1.200 km durch Österreich, Tschechien und Polen.

Bereits 10 km vor der Grenze parkten am rechten Rand die ersten Fahrzeuge - der übliche(?) Stau vor der Grenze. Da unsere Fahrzeuge als Hilfstransporter gekennzeichnet sind, durften wir an der Schlange vorbeifahren und wurden an der Grenze auch sofort abgefertigt. Trotzdem dauerte der Grenzabfertigung mit allen Kontrollen etwas über eine Stunde.

Wenige Minuten später haben wir dann bereits das Lager von Janick erreicht. Janick kümmert sich um die ausgesetzten Tiere, pflegt diese und vermittelt sie nach Möglichkeit an neue Besitzer. Hier blieb eines der drei Fahrzeuge inkl. verschiedener Hilfsgüter und Tierfutter zurück. Meine Mitfahrerin Elli half Janick mit den Hunden und ich stieg auf eines der anderen Fahrzeuge um.

Nach einer kurzen Pause ging es weiter nach Riwne - nur 280 km, aber trotzdem über 4 Stunden Fahrzeit. Auf der Fahrt gab es immer wieder Checkpoints mit Kontrollen. In den Seitenstraßen waren überall vorbereitete Gefechtsstände mit Sandsäcken und Straßensperren - bisher die einzigen Anzeichen, dass hier ein Ausnahmezustand herrscht.

In Riwne angekommen, luden wir die beiden Transporter bei der Hilfsorganisation vor Ort aus. Die wichtigsten Güter die wir dabei hatten waren ein Röntgen-Gerät, Strom-Generatoren, Solar-Paneele, Erste-Hilfe Sets und Medikamente. Darüber hinaus weitere medizinische Ausrüstung, Lebensmittel, Tierfutter und Hygieneartikel. Von hier werden diese Güter dann weiter vermittelt. Das Röntgen-Gerät z.B. in eine Klinik nach Myrnohrad, und weitere Sachspenden z.B. nach Kiew.

Die Nacht konnten wir bei Freunden / Verwandten der Hilfsorganisation in einer nahegelegenen Schrebergarten-Siedlung verbringen. Wir wurden mit großer Gastfreundschaft empfangen und zur Stärkung gab es verschiedene leckere landestypische Gerichte.

Am nächsten Morgen waren wir eingeladen, eine kleine Kerzenmanufaktur (Instagram | Facebook) zu besichtigen. Die Besitzerin zeigte uns, wie sie die Kerzen ausschließlich aus Bienenwachs aus der Region herstellt und welche weiteren lokalen Produkte sie anbietet. Währenddessen ertönte Raketenalarm - für die Menschen hier inzwischen trauriger Alltag.

Uns wurde angeboten, in einen Schutzbunker zu gehen, aber für die hier lebenden Menschen ist das so normal geworden, dass Sie das nur für uns machen würden, hier gehen alle wie gewohnt damit um.

Weil noch etwas Zeit war, bevor wir wieder aufbrechen wollten, schauten wir uns noch das schöne städtische Theater an, in dem gerade sogar ein Stück geprobt wurde. Das war aber nicht der Hauptgrund für unseren Besuch. In den restlichen Räumen und im Keller wurde eine Anlaufstelle für Geflüchtete geschaffen. Auf drei Etagen standen etliche Kartons mit Schuhen & Kleidung - alles sortiert nach Art und Größe, Lebensmittel, Hygieneartikel, Stofftiere, Spielzeuge, etc. - auch viele Sachspenden aus Deutschland.

Im Anschluss schauten wir uns noch den Markt an - begleitet von erneutem Raketenalarm. Der Markt war gut besucht. Für die Menschen hier geht das Leben offensichtlich normal weiter.

Auch Olena & Julia - die uns die ganze Zeit begleiten haben und für uns übersetzten - kein Grund zur Sorge… bis ein seltsames Geräusch zu hören war. Es erinnerte an einen Düsenjet, aber nicht so laut und gleichbleibender. Es wirkte irgendwie näher. Dann entdecken wir die Ursache dieses Geräusches am Himmel: Eine russische Rakete flog über die Stadt.

Nun waren auch Olena & Julia sichtlich überrascht und besorgt. Das ist zum Glück nicht alltäglich hier. Das Aufsuchen eines Schutzbunker blieb uns aber erneut erspart, weil der Raketenalarm nun auch wieder vorüber war. Es war offensichtlich nur diese eine Rakete.

Später erfuhren wir, dass die Rakete wohl ca. 30 km außerhalb von Riwne in ein Munitionsdepot eingeschlagen ist… was für ein furchtbarer Gedanke, dass diese Raketen mehrmals täglich die Menschen in der Ukraine in Angst und Schrecken versetzen.

Gegen 13:00 Uhr traten wir die Rückfahrt an und knapp 22 Stunden später erreichten wir am Sonntag Morgen um 9:00 Uhr wieder Taufkirchen.

Bei jeder Fahrt, bei der ich bisher dabei war, zeigte sich, dass die Hilfe vor Ort benötigt wird und die Menschen sehr dankbar über die Unterstützung sind. Es sind die Menschen, denen wir begegnen und die vor Ort helfen - egal ob in Polen oder in der Ukraine - die uns motivieren, damit weiterzumachen!

Das Leid durch Krieg, Flucht & Zerstörung zu mindern, ist nur durch alle die Menschen möglich, die uns Sachspenden und Lebensmittel zur Verfügung stellen oder eine finanzielle Unterstützung über gofundme oder PayPal zukommen lassen. Einen großen Dank dafür an alle die auf diese Weise helfen. Gemeinsam können wir mehr erreichen!

Bitte helft uns auch weiterhin mit Sachspenden und finanzieller Unterstützung!

Thorsten

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